Design, Usability, Consulting: Was kann der Mittelstand von UX Agenturen erwarten?

In unserem Artikel “Innovation im Mittelstand nachhaltig verankern” sind wir darauf eingegangen, wie der Mittelstand sich durch externe UX Agenturen bei den Herausforderungen von Industrie 4.0, Digitalisierung und Co. am besten unterstützen lassen kann. Dabei haben wir die beiden Lösungswege, “praktische Unterstützung bei der Projektdurchführung” oder aber “strategisches Consulting” beleuchtet. Die beiden Wege unterscheiden sich neben den Arbeitsergebnissen vor allem in der Rollenverteilung von Agentur und Auftraggeber.

Agentur: Problemlöser oder Experten-Partnerschaft?

Die klassische Rolle einer Agentur ist die eines Dienstleisters – die Agentur liefert einen gewisse Leistung als Dienst für ihren Auftraggeber. In diesem Sinne ist sie ein Problemlöser. Sie wird gerufen, um ein möglichst genau definiertes Problem für den Auftraggeber in einem bestimmten Zeitraum zu lösen. Die Ausmaße des Problems und die Geschwindigkeit und Qualität der Behebung bestimmen den Preis.

So können theoretisch auch die Schritte des User Centered Design Prozesses bzw. sein Ergebnis als Problemlösung verstanden werden. Ein Beispiel-Szenario: Ein Mittelständisches Unternehmen lässt eine intuitive Steuerung seiner neuen Maschinengeneration als Dienstleistung von einer externen UX-Agentur erstellen. Nach einer initialen Kennenlernphase empfiehlt die Agentur eine Methodenauswahl für das Vorgehen, erstellt dafür ein Angebot und arbeitet die Schritte dann ab. Um dabei nicht zu unflexibel zu werden, wird die Planung und Kalkulation meist nicht zu Beginn für das Gesamtprojekt sondern schrittweise für die einzelnen Phasen (Analyse, Spezifikation, Konzeption etc.) vorgenommen.

Die Wirksamkeit dieser Art der Zusammenarbeit ist, betrachtet man die langfristigen und strategischen Vorteile, jedoch begrenzt. Die Agentur arbeitet nur an einem konkreten Produkt und kommt auch meist nur mit genau diesem dafür zuständigen Produktteam des Auftraggebers in Kontakt. Darüber hinaus wird dabei die iterative Natur des User Centered Design Prozesses in der Praxis meist recht stark beschnitten. Die wenigsten Auftraggeber sind bereit, immer neue Schleifen aus Evaluation und Optimierung zu drehen, sondern erwarten, dass ab einem gewissen Punkt ihr Problem fertig gelöst ist. Viele Mittelständische Unternehmen haben immer noch nicht verinnerlicht, dass Digitale Produkte niemals “fertig” sind, sondern einer kontinuierlichen Weiterentwicklung bedürfen. Dem entgegen stehen neben dem fehlenden Wissen aber auch handfeste Randbedingungen aus der unternehmerischen Praxis: die Steuerung einer Maschine, die 10 Jahre lang ohne Internetanbindung in einer Fabrikhalle stehen wird, kann nicht alle paar Monate ein Update bekommen.

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Wenn also die Betrachtung einer Agentur als Problemlöser zu kurz greift, welchen Ausweg gibt es? In dem Fall sollte das Unternehmen überlegen, ob er nicht lieber einen Experten als Partner finden möchte, der ihn bei diesen Themen kontinuierlich unterstützt. In diesem Modell der Zusammenarbeit fungiert die UX Agentur als Experte für den Weg zur Lösung des Problems ihrer Klienten (man beachte das Wording: der Auftraggeber wird zum Klient). Die Agentur wird hier zum gleichrangigen strategischen Partner, bringt ihr Know-How also deutlich umfangreicher mit ein. Es geht hier viel stärker um die Hilfe zur Selbsthilfe als um die Auslagerung der Problemlösung. Natürlich heißt das nicht, dass nun der Mittelständler selbst Papier und Bleistift in die Hand nehmen muss, um sich bei der Konzeption seines neuen Steuerungs-Interfaces selbst zu helfen. Solche Leistungen können weiter als Teilleistungen eingekauft werden.

Die Synergie entsteht aus der Kopplung des Experten-Wissens beider Partner. Das Unternehmen bringt sein Technologie- und Produkt-Wissen mit, die UX-Agentur das Wissen rund um die Erstellung einer intuitiven Bedienbarkeit, aber auch inbesondere der dafür nötigen vorgeschalteten Prozesse und Produkteigenschaften bis zu digitalen Geschäftsmodellen mit.

An der Stelle kann dann auch die UX Agentur wieder ihre volle Expertise ausspielen. Denn neben den puren Methoden steht hinter dem User Centered Design Prozess auch eine komplette Philosophie: konsequente Nutzerzentrierung als Maxime hat Auswirkungen auf die Strategie eines Unternehmens. Vor diesem Hintergrund gilt es z.B. die Produktentwicklung auf Grundlage von nachgewiesenen, quantifizierbaren Bedürfnissen der Nutzer auszurichten. Nicht außer Acht gelassen werden dabei natürlich die Business-Ziele des Klienten. Erst durch die Symbiose zwischen Business, Technologie und dem Menschen selbst entstehen Produkte mit Mehrwert.

Quelle: artop.de

 

Beispiel Agentursuche: Auswahl eines Problemlösers vs. Suche eines Partners

Betrachtet man das Kennenlernen als erste Phase einer jeden Zusammenarbeit, werden die Unterschiede zwischen den beiden Herangehensweisen schnell deutlich.
Sucht der Mittelständler sich eine UX Agentur als Problemlöser, muss die Agentur in der Kennenlernphase vor allem sein Problem verstehen. Das geht je nach Umfang und Tiefe des Projekte in einem schriftlichen Briefing oder einem Kennenlerntermin. Danach kann die Agentur auf Grundlage ihrer Erfahrung eine erste Empfehlung zum Vorgehen erstellen und meist auch schon das erste Angebot für die unmittelbar kommenden Schritte übermitteln.

Eine Partnersuche ist jedoch – wie im realen Leben auch – ein wenig aufwändiger. In dem Fall müssen sich Agentur und Klient viel besser kennenlernen. Es ist in dem Fall zwingend nötig, dass sich alle Entscheider des Unternehmens inkl. der letztendlichen Budgetverantwortlichen mit dem potentiellen Partner an einen Tisch setzen und gemeinsam klären, was zusammen erreicht werden soll. Die Agentur wird diesen Prozess mit passenden Fragen und Methoden unterstützen. Das allein schon kann im Extremfall der erste Auftrag sein. Natürlich schlägt sich eine solche intensive Zusammenarbeit auch in den entsprechenden Kosten nieder, bringt aber mittel- und langfristig deutlich bessere Ergebnisse, als das Verharren im Problemlöser-Ansatz.

Fazit: auf die richtige Passung kommt es an

Wie man sieht, gibt es unter den Herangehensweisen und dem Selbstverständnis von Agenturen, die bei UX- oder Digitalisierungsprojekten unterstützen, eine große Bandbreite. Wie gut diese zur Erwartungshaltung des Mittelstandes passt entscheidet über den langfristigen Erfolg der gemeinsamen Projekte.

Aus unserer Agenturerfahrung können wir sagen: je genauer sich beide Seiten darüber im klaren können, was sie anbieten und was sie suchen und je konkreter sie das formulieren, umso einfacher wird die Suche. Im Gegensatz dazu wird es im Verlauf des Projektes auf jeden Fall Stolpersteine geben, wenn die UX Agentur sich z.B. als Problemlöser sieht, das mittelständische Unternehmen aber eigentlich einen Partner benötigt, der ihn bei den umfassenden Herausforderungen der Digitalisierung umfassend unterstützt. So erwarten nach unserer Erfahrung viele Auftraggeber einen umfangreichen Know-How Transfer zu einer gelieferten Dienstleistung, auch wenn nur letzteres beauftragt war. Hier gilt es im Vorfeld die exakten Liefergegenstände transparent für beide Seiten zu definieren.

Noch problematischer wird es, wenn sich die Erwartungshaltungen bei den Auftraggebern zwischen den Hierarchiestufen unterscheiden. So kam es z.B. schon vor, dass die Arbeitsebene in uns einen Partner gesehen hat, der ihren jeweiligen Themen auch strategisch mehr Gewicht verschafft. Für die Führungsebene und die Budgetverantwortlichen waren wir aber nur einer (von vielen) Problemlösern. Sehr viel Kommunikation in alle Richtungen war nötig, das Projekt trotzdem erfolgreich zu beenden.

Dabei ist, insbesondere für Mittelständische Unternehmen das Modell einer Experten-Partnerschaft perfekt geeignet, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Oft fehlt es für diese neuen Herausforderungen an geeigneten Fachkräften im eigenen Unternehmen und die Suche gestaltet sich aufgrund des massiven Wettbewerbs um diese Gruppe oft als nicht zu bewältigende Herausforderung. Eine UX-Agentur hingegen bringt bereits alles mit, was Unternehmen benötigen. Von den qualifizierten Mitarbeitern bis hin zu jahrelanger Erfahrung mit vergleichbaren Projekten.

Weitere Informationen

An welchen Stellen wir Sie beraten können und wie Ihr Unternehmen davon profitiert, haben wir auf einer Informationsseite zum Thema Consulting zusammengestellt:
https://ucdplus.com/leistungen/consulting/

 


Um den Mittelstand stets noch besser beraten und als Experte unterstützen zu können, bilden wir uns regelmäßig weiter. In diesem Fall hat uns wieder das artop Institut aus Berlin unterstützt. Mit Hilfe des Organisationsberaters und Coaches Frank Schmelzer konnten wir in der bewährten artop-Mischung aus wissenschaftlich fundierten Grundlagen und viel Erfahrung aus der Praxis das Thema systemische Organisationsberatung optimal weiterentwickeln.

Die Weiterbildung wurde im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert, wobei die Abwicklung von der Investitionsbank Sachsen-Anhalt übernommen wurde.